Zitate von Univ.-Prof. Dr. Alexander Van der Bellen
Das bekannteste Zitat von Univ.-Prof. Dr. Alexander Van der Bellen:
Werte Ehren- und Festgäste, meine Damen und Herren! Seien Sie alle herzlich willkommen beim Staatsakt zum hundertjährigen Gründungstag unserer Republik.
Meine Damen und Herren! Unsere Demokratie wurde 1918 mit dem allgemeinen, freien, gleichen, unmittelbaren, geheimen und persönlichen Wahlrecht verwirklicht. Endlich waren auch Frauen wahlberechtigt. Um den Platz in der Politik müssen sie aber bis heute kämpfen. Ja, Frauen sind inzwischen Abgeordnete, Parteichefinnen, Ministerinnen, Nationalratspräsidentinnen. Doch sie sind immer noch unterrepräsentiert und es bleibt immer noch viel zu tun. Das Frauenwahlrecht war eine Errungenschaft in einer Zeit, die ansonsten zu wenig Optimismus Anlass gab.
Denn der Start unserer Republik vor 100 Jahren war holprig: Der Erste Weltkrieg mit Millionen von Toten war eben zu Ende gegangen. Das große, jahrhundertealte Habsburgerreich war zerfallen. Hunger und Arbeitslosigkeit beherrschten das Leben der Menschen. Der Hoffnung, dass die junge Republik die immensen Herausforderungen bewältigen könne, stand viel Skepsis gegenüber. Vielen war es unmöglich, an eine gemeinsame, blühende Zukunft zu glauben angesichts der Feindseligkeiten, Ungewissheiten und Ängste, die den Alltag bestimmten.
Und prompt ging es schief. Die parlamentarische Demokratie wurde 1933 von Engelbert Dollfuß ausgeschaltet, ein autoritärer Ständestaat errichtet. Nach dem Einmarsch Hitlers und dem sogenannten "Anschluss", wurde unser Land Teil Nazideutschlands. Der Name "Österreich" war ausgelöscht. Hitler entfesselte einen neuen Weltkrieg. Es wütete der nationalsozialistische Terror und die Vernichtungsmaschinerie des Holocaust.
Nach dem Ende des Krieges ging es 1945 erneut darum, eine demokratische Republik zu gründen. Auch dieser Neubeginn war mühsam.
Aber es gab einen ganz wesentlichen Unterschied zu den Jahren nach 1918: Wir stellten jetzt das Gemeinsame vor das Trennende.
Nur in der gemeinsam errungenen Lösung liegt das größtmögliche Wohl aller. Eine Einsicht, an die wir uns in diesen Tagen wieder erinnern sollten.
Gemeinsam gründeten die Parteien die Zweite Republik, gemeinsam verhandelten sie den Staatsvertrag, gemeinsam erklärten sie Österreichs immerwährende Neutralität, gemeinsam arbeiteten sie an Österreichs Integration in der EU. Das Talent, Gemeinsamkeit herzustellen, ist ja etwas, was im Herzen das Österreichische ausmacht: Erkannt zu haben, dass die Welt eben nicht aus Schwarz und Weiß, nicht aus unversöhnlichen Positionen besteht. Sondern dass eine Lösung zum Wohle aller fast immer in der Mitte liegt.
Nur in der gemeinsam errungenen Lösung liegt das größtmögliche Wohl aller. Eine Einsicht, an die wir uns in diesen Tagen wieder erinnern sollten.
Meine Damen und Herren! Nur die liberale Demokratie kennt dieses Ringen um gemeinsame Lösungen zum Wohle aller. Dieses Ringen kann mitunter anstrengend sein. Es darf uns aber nie zu anstrengend sein.
Ja, Demokratie bedeutet Diskussion, Auseinandersetzung, auch zivilisierten Streit - im Bewusstsein eines offenen Ausganges.
Demokratie bedeutet, dass auch das Gegenüber Recht haben kann. Man muss sich auf die anderen einlassen. Man muss zuhören. Das kostet Zeit.
Manche würden sich vielleicht wünschen, dass das schneller und einfacher geht. Wäre unsere Demokratie nicht ganz so liberal, so denken sie, ginge ja manches auch schneller.
Aber das ist ein Trugschluss. Es gibt keine Abkürzungen. Der Weg zur gemeinsamen Lösung mag manchmal steinig sein. Aber er ist aller Mühen wert.
Eine Einsicht, die unserem Land wirtschaftlichen Aufschwung und sozialen Frieden brachte, und Österreich zu dem machte, was viele als "Konsensdemokratie" bezeichnet haben. Es gab einen weitgehend gelungenen Interessenausgleich.
Meine Damen und Herren! Die liberale Demokratie ist mehr als die Herrschaft der Mehrheit. Die liberale Demokratie verlangt nach der Vielfalt der Stimmen, und dass keine Stimme ungehört bleibt. Grund- und Freiheitsrechte sowie unveräußerliche Minderheitenrechte sind daher wesentlich.
Zugleich muss Demokratie wachsam sein, kompromisslos gegenüber den Intoleranten. Aber offen und tolerant für den Meinungsaustausch der Demokratinnen und Demokraten. Dazu bedarf es unabhängiger und freier Medien, die den unterschiedlichen Stimmen der Demokratie Raum geben und so erst die Diskussion unter Gleichen ermöglichen.
Heute kommen die neuen Medien dazu, sie erlauben es mehr Menschen als jemals zuvor, ihre Meinung öffentlich kundzutun. Die einzige Voraussetzung ist ein Internetzugang. Aber die neuen Medien haben auch eine Schattenseite: Der Rückzug in die Social-Media-Echokammern und -Blasen, wo nur noch die eigene Meinung hundertfach bestätigt wird, kann zu Intoleranz und Gesprächsverweigerung führen. Verweigerung ist aber keine Lösung. Wir müssen uns aufeinander einlassen.
Meine Damen und Herren! Demokratie ist ein Prozess. Dazu gehört der Wahltag und die Wahlurne. Und der Parlamentarismus ist ein wichtiger, ja ein zentraler Teil des demokratischen Prozesses.
Aber Demokratie braucht auch das Engagement jeder und jedes Einzelnen von uns. Immer wieder und in allen Bereichen. Wir alle sind verantwortlich für die Gestaltung unserer Gesellschaft.
Dieses täglich gelebte demokratische Miteinander gerät immer wieder in die Defensive. Feindbilder werden aufgebaut: Nach dem Muster: "Wir" und die "Anderen". Die "Anderen" können die Alten sein, mitunter die Jungen, oder Musliminnen und Muslime, oder Jüdinnen und Juden, in manchen Ländern Christinnen und Christen, oder Ausländerinnen und Ausländer, oder Arbeitslose und Sozialhilfeempfängerinnen- und -Empfänger.
Solche Zuschreibungen münden fast immer in die Aushöhlung von Grund- und Freiheitsrechten sowie zu systematischer Diskriminierung. Stattdessen sollten wir uns öfter in die Lage der Anderen versetzen. Wir alle können schließlich in Situationen kommen, wo wir auf Hilfe, auf Solidarität angewiesen sind. Verhalten wir uns also Anderen gegenüber so, wie wir es für uns selbst wünschen würden.
Meine Damen und Herren! Ich habe die Bedeutung des Gemeinsamen betont. Das scheint mir für die politische Kultur in unserem Land und für die Zukunft Österreichs ganz wesentlich zu sein: Konsenssuche bedeutet nicht, Konflikte unter den Teppich zu kehren, sich die Macht im Stillen untereinander aufzuteilen, Weichenstellungen und Richtungsentscheidungen auf ewig zu vertagen.
Konsenssuche bedeutet durchaus, Konflikte öffentlich auszutragen, die Machtaufteilung öffentlich zu machen, Weichenstellungen und Richtungsentscheidungen legitimerweise zu treffen. Aber nicht die alleinige Machtausübung der Mehrheit ist ihr Ziel, sondern die Einbeziehung und Beachtung der Minderheitsmeinungen. Die politisch Andersdenkenden sind demokratische Partnerinnen und Partner, nicht Feindinnen und Feinde.
Meine Damen und Herren! Die Suche nach dem Gemeinsamen hat Österreich erfolgreich gemacht und viele in Europa haben uns darum beneidet. Erneuern wir diese Gemeinsamkeit, erneuern wir dieses Österreichische.
Dann muss uns vor der Zukunft nicht bange sein. Denn wir alle sind Teil eines friedlichen, freien und erfolgreichen Österreichs und natürlich Teil eines friedlichen, freien und erfolgreichen Europas. Es lebe unsere Heimat, die Republik Österreich.
Es lebe unser gemeinsames, friedliches Europa. Danke. (Staatsakt "100 Jahre Republik Österreich" am 12. 11. 2018 in der Wiener Staatsoper).
Meine Damen und Herren! Unsere Demokratie wurde 1918 mit dem allgemeinen, freien, gleichen, unmittelbaren, geheimen und persönlichen Wahlrecht verwirklicht. Endlich waren auch Frauen wahlberechtigt. Um den Platz in der Politik müssen sie aber bis heute kämpfen. Ja, Frauen sind inzwischen Abgeordnete, Parteichefinnen, Ministerinnen, Nationalratspräsidentinnen. Doch sie sind immer noch unterrepräsentiert und es bleibt immer noch viel zu tun. Das Frauenwahlrecht war eine Errungenschaft in einer Zeit, die ansonsten zu wenig Optimismus Anlass gab.
Denn der Start unserer Republik vor 100 Jahren war holprig: Der Erste Weltkrieg mit Millionen von Toten war eben zu Ende gegangen. Das große, jahrhundertealte Habsburgerreich war zerfallen. Hunger und Arbeitslosigkeit beherrschten das Leben der Menschen. Der Hoffnung, dass die junge Republik die immensen Herausforderungen bewältigen könne, stand viel Skepsis gegenüber. Vielen war es unmöglich, an eine gemeinsame, blühende Zukunft zu glauben angesichts der Feindseligkeiten, Ungewissheiten und Ängste, die den Alltag bestimmten.
Und prompt ging es schief. Die parlamentarische Demokratie wurde 1933 von Engelbert Dollfuß ausgeschaltet, ein autoritärer Ständestaat errichtet. Nach dem Einmarsch Hitlers und dem sogenannten "Anschluss", wurde unser Land Teil Nazideutschlands. Der Name "Österreich" war ausgelöscht. Hitler entfesselte einen neuen Weltkrieg. Es wütete der nationalsozialistische Terror und die Vernichtungsmaschinerie des Holocaust.
Nach dem Ende des Krieges ging es 1945 erneut darum, eine demokratische Republik zu gründen. Auch dieser Neubeginn war mühsam.
Aber es gab einen ganz wesentlichen Unterschied zu den Jahren nach 1918: Wir stellten jetzt das Gemeinsame vor das Trennende.
Nur in der gemeinsam errungenen Lösung liegt das größtmögliche Wohl aller. Eine Einsicht, an die wir uns in diesen Tagen wieder erinnern sollten.
Gemeinsam gründeten die Parteien die Zweite Republik, gemeinsam verhandelten sie den Staatsvertrag, gemeinsam erklärten sie Österreichs immerwährende Neutralität, gemeinsam arbeiteten sie an Österreichs Integration in der EU. Das Talent, Gemeinsamkeit herzustellen, ist ja etwas, was im Herzen das Österreichische ausmacht: Erkannt zu haben, dass die Welt eben nicht aus Schwarz und Weiß, nicht aus unversöhnlichen Positionen besteht. Sondern dass eine Lösung zum Wohle aller fast immer in der Mitte liegt.
Nur in der gemeinsam errungenen Lösung liegt das größtmögliche Wohl aller. Eine Einsicht, an die wir uns in diesen Tagen wieder erinnern sollten.
Meine Damen und Herren! Nur die liberale Demokratie kennt dieses Ringen um gemeinsame Lösungen zum Wohle aller. Dieses Ringen kann mitunter anstrengend sein. Es darf uns aber nie zu anstrengend sein.
Ja, Demokratie bedeutet Diskussion, Auseinandersetzung, auch zivilisierten Streit - im Bewusstsein eines offenen Ausganges.
Demokratie bedeutet, dass auch das Gegenüber Recht haben kann. Man muss sich auf die anderen einlassen. Man muss zuhören. Das kostet Zeit.
Manche würden sich vielleicht wünschen, dass das schneller und einfacher geht. Wäre unsere Demokratie nicht ganz so liberal, so denken sie, ginge ja manches auch schneller.
Aber das ist ein Trugschluss. Es gibt keine Abkürzungen. Der Weg zur gemeinsamen Lösung mag manchmal steinig sein. Aber er ist aller Mühen wert.
Eine Einsicht, die unserem Land wirtschaftlichen Aufschwung und sozialen Frieden brachte, und Österreich zu dem machte, was viele als "Konsensdemokratie" bezeichnet haben. Es gab einen weitgehend gelungenen Interessenausgleich.
Meine Damen und Herren! Die liberale Demokratie ist mehr als die Herrschaft der Mehrheit. Die liberale Demokratie verlangt nach der Vielfalt der Stimmen, und dass keine Stimme ungehört bleibt. Grund- und Freiheitsrechte sowie unveräußerliche Minderheitenrechte sind daher wesentlich.
Zugleich muss Demokratie wachsam sein, kompromisslos gegenüber den Intoleranten. Aber offen und tolerant für den Meinungsaustausch der Demokratinnen und Demokraten. Dazu bedarf es unabhängiger und freier Medien, die den unterschiedlichen Stimmen der Demokratie Raum geben und so erst die Diskussion unter Gleichen ermöglichen.
Heute kommen die neuen Medien dazu, sie erlauben es mehr Menschen als jemals zuvor, ihre Meinung öffentlich kundzutun. Die einzige Voraussetzung ist ein Internetzugang. Aber die neuen Medien haben auch eine Schattenseite: Der Rückzug in die Social-Media-Echokammern und -Blasen, wo nur noch die eigene Meinung hundertfach bestätigt wird, kann zu Intoleranz und Gesprächsverweigerung führen. Verweigerung ist aber keine Lösung. Wir müssen uns aufeinander einlassen.
Meine Damen und Herren! Demokratie ist ein Prozess. Dazu gehört der Wahltag und die Wahlurne. Und der Parlamentarismus ist ein wichtiger, ja ein zentraler Teil des demokratischen Prozesses.
Aber Demokratie braucht auch das Engagement jeder und jedes Einzelnen von uns. Immer wieder und in allen Bereichen. Wir alle sind verantwortlich für die Gestaltung unserer Gesellschaft.
Dieses täglich gelebte demokratische Miteinander gerät immer wieder in die Defensive. Feindbilder werden aufgebaut: Nach dem Muster: "Wir" und die "Anderen". Die "Anderen" können die Alten sein, mitunter die Jungen, oder Musliminnen und Muslime, oder Jüdinnen und Juden, in manchen Ländern Christinnen und Christen, oder Ausländerinnen und Ausländer, oder Arbeitslose und Sozialhilfeempfängerinnen- und -Empfänger.
Solche Zuschreibungen münden fast immer in die Aushöhlung von Grund- und Freiheitsrechten sowie zu systematischer Diskriminierung. Stattdessen sollten wir uns öfter in die Lage der Anderen versetzen. Wir alle können schließlich in Situationen kommen, wo wir auf Hilfe, auf Solidarität angewiesen sind. Verhalten wir uns also Anderen gegenüber so, wie wir es für uns selbst wünschen würden.
Meine Damen und Herren! Ich habe die Bedeutung des Gemeinsamen betont. Das scheint mir für die politische Kultur in unserem Land und für die Zukunft Österreichs ganz wesentlich zu sein: Konsenssuche bedeutet nicht, Konflikte unter den Teppich zu kehren, sich die Macht im Stillen untereinander aufzuteilen, Weichenstellungen und Richtungsentscheidungen auf ewig zu vertagen.
Konsenssuche bedeutet durchaus, Konflikte öffentlich auszutragen, die Machtaufteilung öffentlich zu machen, Weichenstellungen und Richtungsentscheidungen legitimerweise zu treffen. Aber nicht die alleinige Machtausübung der Mehrheit ist ihr Ziel, sondern die Einbeziehung und Beachtung der Minderheitsmeinungen. Die politisch Andersdenkenden sind demokratische Partnerinnen und Partner, nicht Feindinnen und Feinde.
Meine Damen und Herren! Die Suche nach dem Gemeinsamen hat Österreich erfolgreich gemacht und viele in Europa haben uns darum beneidet. Erneuern wir diese Gemeinsamkeit, erneuern wir dieses Österreichische.
Dann muss uns vor der Zukunft nicht bange sein. Denn wir alle sind Teil eines friedlichen, freien und erfolgreichen Österreichs und natürlich Teil eines friedlichen, freien und erfolgreichen Europas. Es lebe unsere Heimat, die Republik Österreich.
Es lebe unser gemeinsames, friedliches Europa. Danke. (Staatsakt "100 Jahre Republik Österreich" am 12. 11. 2018 in der Wiener Staatsoper).
Informationen über Univ.-Prof. Dr. Alexander Van der Bellen
9. Bundespräsident der 2. Republik, Amtszeit: seit 26. 1. 2017, Wirtschaftsexperte, Politiker, vom 13. 12. 1997 - 3. 10. 2008 Bundessprecher der "Grünen", vom 21. 10. 1999 - 3. 10. 2008 Klubchef der "Grünen" (Österreich, 1944).
Univ.-Prof. Dr. Alexander Van der Bellen · Geburtsdatum
Univ.-Prof. Dr. Alexander Van der Bellen ist heute 80 Jahre, 7 Monate, 21 Tage oder 29.454 Tage jung.
Geboren am 18.01.1944 in Wien
Sternzeichen: ♑ Steinbock
Unbekannt
Weitere 84 Zitate von Univ.-Prof. Dr. Alexander Van der Bellen
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Lassen wir uns nicht einreden, es wäre ein gutes Geschäft, wenn wir die Macht unserer großen europäischen Gemeinschaft gegen die viel kleinere Macht der vermeintlichen nationalen Souveränität eintauschen. Am Ende wäre das nämlich ein Verlust für uns alle. Aber abgesehen von der schlechten Verhandlungsposition, in die eine Regression in einzelne europäische Staaten uns bringen würde: Welche der großen anstehenden Probleme könnte der Einzelstaaten? (Rede vor dem Europäischen Parlament in Straßburg am 14. 2. 2017).
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Lassen wir uns unsere Zuversicht und unseren Glauben nicht nehmen. Die europäische Idee ist groß. Sie ist einzigartig. Sie ist aller Mühen wert. (Rede vor dem Europäischen Parlament in Straßburg am 14. 2. 2017).
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Leider ist in der Europäischen Union wieder eine Rhetorik des Ausschließens in Mode gekommen. Man müsse sich entscheiden: Zwischen der Liebe zu seinem Heimat- oder Vaterland auf der einen Seite und der Liebe zu Europa auf der anderen. Zwischen der Hilfsbedürftigkeit der eigenen Landsleute und jener anderer. Zwischen dem Eigennutz und dem Nutzen anderer. Dieses "Entweder/Oder", glaube ich, führt in die Irre. (Rede vor dem Europäischen Parlament in Straßburg am 14. 2. 2017).
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Liberale Demokratie gehört allen. Nicht nur den Populisten. Nicht nur den sogenannten Eliten. Nie nur einer Gruppe. Liberale Demokratie gehört allen.
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Manche sagen: Unsere Demokratie ist in der Krise. Da ist schon etwas dran. Nehmen wir nur einen zentralen Baustein der Demokratie, den Kompromiss. Er wird von manchen gerne von vornherein als halb, als lauwarm, als faul bezeichnet. Können wir uns das wieder abgewöhnen? (In seiner Rede nach der Angelobung vor der Bundesversammlung am 26. 1. 2023).
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Mein Ziel ist es, die GRÜNEN in die kleine Mittelparteizone zu bringen. Es freut mich daher, dass sich unter unseren Neuzuwanderern ein gar nicht geringer Anteil von Arbeitern und Facharbeitern befindet. Das ist neu. Wir beginnen Bildungsschichten anzusprechen, die wir vorher nicht erreicht haben.
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Meine Damen und Herren, ich freue mich sehr, heute hier stehen zu können. Die Bregenzer Festspiele sind eine wunderbare österreichische Institution. Und glauben Sie mir, ich würde gerne über die Bedeutung und den Wert dessen sprechen, was unsere Heimat so schön macht - die Bregenzer Festspiele gehören zweifellos dazu - aber es ist wieder einmal Zeit, auch anzusprechen, was angesprochen werden muss. Es scheint so, als ob sich manche Dinge in unserem Land nicht in die richtige Richtung entwickeln. Obwohl wir vor großen Herausforderungen und Aufgaben stehen. Meine Damen und Herren, Sie kennen vielleicht die "Theorie der zerbrochenen Fenster"? Das ist eine US-amerikanische Sozialtheorie aus den frühen 1980er Jahren - empirisch durchaus fundiert -, die im Wesentlichen besagt, dass dann, wenn in einem Stadtteil eine zerbrochene Scheibe nicht umgehend repariert wird, schnell alle Fensterscheiben zerbrochen sind. Weil dann der Eindruck entsteht, dass es egal ist, dass sich niemand um diesen Stadtteil kümmert, was dann wiederum äußerst schnell zu Vandalismus und Verfall führt. Ein kleiner Anlass - ein Fenster -, der übersehen oder übergangen und nicht korrigiert wird, kann schnell als Freibrief verstanden werden, mehr und mehr zu zerstören. Warum ich diese Theorie erwähne? Weil in unserem Land gerade einige Fenster - finde ich - zerbrochen werden. Und das muss aufhören. Wir dürfen uns nicht daran gewöhnen, dass Sprache wieder zum Ausgrenzen verwendet wird. Wir dürfen uns nicht daran gewöhnen, dass wieder von einem "wir" und "den anderen" gesprochen wird. Wir, das sind die "normalen", das sind "unsere Leute", das ist "das Volk". Wer oder was sind dann "die anderen"? Das Volk, sind das alle Österreicherinnen und Österreicher? Die Einwohner anderer Herkunft, sind das "die anderen"? Wer sind "unsere Leut"? Bin ich dabei? Sind uns "die anderen" dann egal? Wer sagt, wer dazu gehört und wer nicht? Wer bestimmt, wer "normal" ist und wer nicht? War Mozart "normal"? Sicher nicht! Menschen mit derart außergewöhnliche Begabungen sind nicht "normal". Lassnig in der Malerei, Albert Einstein und Anton Zeilinger in der Physik. Es ist brandgefährlich, solche Begriffe so absolut zu verwenden, denn sie werden sehr schnell gedankenlos wiedergegeben und tragen so mehr und mehr zum Zerbrechen unserer Gemeinschaft bei. Und diese Zitate werden nicht nur von den üblichen Verdächtigen verwendet. Es scheint so, als würden sich verschiedene Parteien mittlerweile ein Vorbild aneinander nehmen. Ich fühle mich manchmal in Österreich wie im Hochwahlkampf. Kein schönes Gefühl. Manche politischen Akteure, so scheint es, haben die Hoffnung verloren, dass man mit sachbezogenen Argumenten und inhaltlichen Konzepten durchkommt. Dass man mit Ernsthaftigkeit ernstgenommen wird. Weil sie lieber an die Wirksamkeit von Populismus glauben. Aber Populismus ist nicht daran interessiert, Lösungen zu finden. Populismus will trennen, will ausgrenzen. "Die da oben" - "wir da unten". Populismus will Probleme finden und vergrößern. Und er will, dass sie bleiben. Weil diese Probleme den Populisten dabei helfen, Emotionen zu schüren und, so die Hoffnung, Wahlen zu gewinnen. Ich appelliere an alle im politischen Stadtviertel: Hören Sie auf damit, mehr und mehr Fenster zu zerbrechen. Hören Sie auf mit dem Ablenkungskampf um Begrifflichkeiten und Deutungshoheiten. Kämpfen Sie doch lieber um die besten Lösungen. Und kämpfen Sie darum, diese Lösungen den Menschen dann auch so zu vermitteln, dass sie verstehen, was ihr persönlicher Nutzen daraus ist. Es gibt so viele Themen, die diskutiert und gelöst und vermittelt werden müssen. Wie können wir unseren Wohlstand ausbauen und dabei Klima und Umwelt berücksichtigen? Kann es so etwas wie eine "Klimasoziale Marktwirtschaft" geben und wie sieht sie aus? Wie schaffen wir wieder mehr sozialen Zusammenhalt? Die Menschen sollen doch gut und gerne miteinander leben können. Wie schaffen wir ein Sozialsystem, das für Zufriedenheit sorgt und echte Armut verhindert? Wie bilden wir unsere Kinder, wie vermitteln wir ihnen den Glauben, dass ihre Leistung, ihr Beitrag zur Gesellschaft, einen Unterschied macht und gebraucht und von uns gewollt ist? Wenn junge Menschen in Befragungen angeben, dass sie sich in unserer Gesellschaft einsam fühlen. Wie lösen wir das? Sicher nicht mit Populismus. Sicher nicht mit Gerede von "wir" und "die anderen". Wie findet Österreich seinen Platz in Europa, und wie findet Europa seinen Platz in der Welt? Diese Themen müssen angegangen werden, glaubhaft angegangen werden. Und das ist nur die Spitze des Eisberges. Es gibt noch viele andere, genauso drängende. Meine Damen und Herren, ich persönlich glaube an unsere liberale Demokratie. Ich weiß, dass wir die Lösungen haben. Aber sie werden teilweise diffamiert. Das ist die Art des Populismus. Populismus holt nicht das Beste aus den Menschen hervor, sondern das Niedrigste. Das Trennende, Ausgrenzende. Populismus richtet den Scheinwerfer darauf, was nicht funktioniert. Aber es gibt so vieles, das schon funktioniert. Überlegen wir doch einmal, ganz egoistisch: What's in it for me? Was ist für mich drinnen im Klimaschutz, beispielsweise? Umweltschutz ist eigentlich ein sehr egoistischer Vorgang. Wir brauchen doch intakte Natur für uns. Und weil wir Touristen wollen. Weil wir es lieben, gute Gastgeber für sie zu sein. Was ist drin für uns in der liberalen Demokratie? Sie regelt unser Zusammenleben. Sie regelt, dass die Mehrheiten bestimmen und dabei die Minderheiten geachtet werden. Sie lässt uns in Freiheit leben, so wie wir sind und sein wollen. Das ist nicht selbstverständlich. Wir müssen auf die liberale Demokratie achten und in ihr die konstruktive Kritik und den konstruktiven Streit pflegen, sonst steuern wir auf eine Autokratie zu, in der es nur denen gut geht, die zum "wir" gehören, und es denen schlecht geht, die zu "den anderen" gehören. Liberale Demokratie gehört allen. Nicht nur den Populisten. Nicht nur den sogenannten Eliten. Nie nur einer Gruppe. Liberale Demokratie gehört allen. Was ist drin für uns in der Migration? Wir stehen vor einer massiven Herausforderung für das gute Leben in unserer Heimat, es gibt einen massiven Fachkräftemangel in Österreich. Wir benötigen zehntausende Menschen im Gesundheitsbereich, in der Pflege, in der Infrastruktur für Kinderbetreuung. Unser Land kommt ohne Migration in schlimme Schwierigkeiten. Und umgekehrt kann unser Land massiv profitieren von Migration. So wie es in der Vergangenheit schon oft der Fall war. Was ist drin für uns in der Integration? Wir haben uns in der Vergangenheit die Menschenrechte hart erkämpft. Und mit ihnen gehen auch Menschenpflichten einher. Auch diese sind zu achten. Menschen, die zu uns kommen und dies akzeptieren, werden davon profitieren. Davon, unsere Sprache zu lernen. Von unseren Gebräuchen und Sitten. Von der absoluten Gleichberechtigung von Frauen und Männern, die wir noch immer nicht erreicht haben, aber nach der wir streben. Von unserer Offenheit sexueller Orientierung gegenüber. Wir können hier in Freiheit und Gleichberechtigung und Respekt leben, in gegenseitiger Offenheit. Das ist für jeden und von jedem, der in unsere Gesellschaft kommt, anzuerkennen. Und jede und jeder, der dies tut, wird davon profitieren. Lassen Sie uns über die Herausforderungen reden. Lassen Sie uns das lösungsorientiert tun. Lassen Sie uns ruhig mit Sachargumenten streiten. Konstruktiv streiten. Bringen wir das Beste in uns und an Österreich zum Vorschein und nicht das Niedrigste. Lassen Sie uns daran glauben, dass wir durch alle Herausforderungen der Zukunft kommen, wenn wir nicht aufgeben. Denn es gibt das Gute, das Schöne, das Gemeinsame. Und die Bregenzer Festspiele zeigen das. Ich erkläre sie hiermit für eröffnet. Danke.
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Meine Mutter hat immer "Sonnenscheinchen" zu mir gesagt.
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Meine Wahl zum Bundespräsidenten vom 4. Dezember 2016 war eine klare Absage an den aufkeimenden Nationalismus, an den Protektionismus, an den verführerischen, vereinfachenden Populismus. Es ist meine Überzeugung, dass man mit der Verletzung der Würde des Menschen, mit der Ablehnung gegenüber allem "Fremden", der Einschränkung von Grundrechten und Grundfreiheiten, mit neuen Mauern und alten Nationalismen kein einziges Problem löst. (Rede vor dem Europäischen Parlament in Straßburg am 14. 2. 2017).
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Noch etwas werde ich nicht müde zu betonen: Alle, egal welchen Geschlechts, vor allem aber die Mädchen und jungen Frauen in Österreich, sollen in eine Welt wachsen, in der alle Menschen die gleichen Chancen haben. (In seiner Rede nach der Angelobung vor der Bundesversammlung am 26. 1. 2023).
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Nur gemeinsam sind wir stark, nur gemeinsam ist unsere Stimme laut und mächtig genug, dass sie auch gehört wird. Nur gemeinsam können wir an einem Europa arbeiten, in dem Menschenrechte, Freiheit und Respekt eine Chance haben, Respekt für Andersdenkende, für Andersliebende, für Andersaussehende, in dem Sicherheit, Wohlstand und sozialer Friede zu Hause sind. (Rede vor dem Europäischen Parlament in Straßburg am 14. 2. 2017).
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Nur Mut und etwas Zuversicht, wir kriegen das schon hin. ("Spruch des Jahres 2019" - in seiner Rede am 21. 5. 2019 zum IBIZA-Skandal).
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Ob ich ORF schaue? Spät am Abend, wenn ich nach Hause komme, schaue ich gelegentlich. Aber das Programm wird zunehmend uninteressanter.
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Ohne unabhängige Medien kann die Demokratie nicht überleben.
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ORIGINALREDE anlässlich der Angelobung zum Bundespräsidenten am 26. 1. 2023: Hohe Bundesversammlung, sehr verehrte Ehrengäste, liebe Zuseherinnen der Live-Übertragung, liebe Österreicherinnen und Österreicher und alle Menschen, die in unserem wunderschönen Österreich leben! Ich freue mich, dass ich nach sechs Jahren wieder hier stehen darf. Das habe ich Ihnen zu verdanken, liebe Wählerinnen und Wähler! Danke vielmals. Ich danke meinem hervorragenden Team, mit dem ich über die letzten Jahre so gut zusammengearbeitet habe. Und namentlich Dir, Doris: Ohne Deine Kraft und Inspiration stünde ich heute nicht hier. Ja - hier stehe ich also, in diesem neu erstrahlenden Haus der Demokratie, und Sie erwarten eine mehr oder weniger amüsante, traditionelle Rede von mir, nicht zu düster, angereichert mit Dingen, die uns optimistisch für die Zukunft stimmen sollen. So dass wir dann entsprechend positiv gestimmt, aber doch auch ein wenig nachdenklich hinaus ins Tageslicht schreiten und uns unserem gewohnten Alltag widmen können. So ungefähr stelle ich mir Ihre Erwartungen vor. Nun, wir werden sehen, ob ich Sie enttäuschen werde. Meine Damen und Herren, wir werden unseren gewohnten Alltag verändern müssen. Denn sonst laufen wir Gefahr, unsere Zukunft abzuschaffen. Genaugenommen sind wir schon dabei. Zu viele sehen unsere Zukunft nicht mehr als hoffnungsfrohen Ort, an dem unsere Kinder es einst besser haben werden als wir. Manche von uns glauben nicht mehr an eine Wendung zum Guten. Andere sind so sehr mit den Herausforderungen der Gegenwart beschäftigt, dass sie meinen, sich Zukunftsgedanken nicht leisten zu können. Einige haben das Gefühl, die Zukunft war einmal, bei den Eltern. Das ist nichts für sie. Es gibt nur das Hier und Jetzt. Wieder andere verfallen in schiere Panik und apokalyptische Befürchtungen. Zu Leopold Figls Zeiten hatten wir nichts, aber wir hatten die Hoffnung. Glaubt man den aktuellen Umfragen, so scheint es fast, als hätten wir alles, außer die Hoffnung. Meine Damen und Herren, es ist unser aller Aufgabe, ein Bild von einer Zukunft zu entwerfen, auf die man sich wieder freuen kann. Wir alle entwerfen dieses Bild durch unser tägliches Handeln. Wir entwerfen dieses Bild, indem wir als Politikerinnen und Politiker nicht nur auf unser eigenes Klientel und unsere unmittelbaren Gesinnungsgenossen achten, sondern auf das Wohl des ganzen Staates. Wir entwerfen dieses Bild, indem wir auch Dinge vertreten, die uns nicht schnell, schnell in Meinungsumfragen helfen, aber von denen wir wissen, dass sie richtig und gut für unser Land sind. Wir entwerfen das Bild einer Zukunft, auf die man sich freuen kann, indem wir uns nicht unterkriegen lassen durch Rückschläge und Schwierigkeiten. Weil wir auf unsere Talente, unsere Fähigkeiten, unser Wissen und Können vertrauen. Und weil wir einander vertrauen. Weil wir uns nicht von der Angst steuern lassen. Angst lässt uns erstarren. Angst kennt keine Zukunft. Lassen wir uns also nicht von der Angst das Bild unserer Zukunft diktieren. Sondern von der Zuversicht: "Wir kriegen das hin" - das sind keine leeren Worte. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Wie viel haben wir während der Pandemie vom wirtschaftlichen Zusammenbruch gehört, der uns erwartet. Wie viel haben wir noch vor knapp einem Jahr, nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine, gehört vom Versiegen unserer Gasressourcen. Wir würden nicht heizen können. Die Industrie stünde vor dem Untergang. Und wie viel davon ist eingetreten? Nicht viel. Im Gegenteil: Wir hatten letztes Jahr ein reales Wirtschaftswachstum von 4,7 Prozent, mehr als die größten Optimisten zu träumen wagten. Und die niedrigste Arbeitslosenquote seit 15 Jahren. Wer hätte das gedacht? Und auch unsere Gasspeicher sind aktuell voll. Auch da gab es verständlicherweise große Sorge, dass wir das nicht schaffen. Und selbstverständlich werden wir weiterhin sehr viel zu tun haben, das alles zu lösen. Aber wir haben es geschafft. Wir alle. Nicht ein Politiker. Nicht eine Partei. Nicht eine Interessenvertretung. Nicht ein Wissenschaftler, eine Wissenschaftlerin. Nein. Das waren wir alle gemeinsam. Aber nicht, weil wir gemeinsam gejammert haben. Nicht, weil wir Schuldige gesucht haben. Nein! Weil wir etwas getan haben. Und wir können noch viel mehr schaffen. Wenn wir unsere Demokratie hochhalten und verteidigen. Denn sie ist das beste Instrument zur Willensbildung, das eine zukunftssichere Gemeinschaft nur haben kann. Ich möchte meinen Freund Frank-Walter Steinmeier, den deutschen Bundespräsidenten, dazu zitieren: "Die liberale Demokratie ist die einzige politische Ordnung, in der wir uns als politisch Freie und Gleiche den Tatsachen der Welt stellen; in der wir unser Schicksal nicht in fremde Hände legen, sondern Vertrauen in unsere Fähigkeit haben, Probleme gemeinsam zu lösen; in der wir aus Fehlern lernen, unseren Kurs immer wieder korrigieren und die Dinge gerade deshalb zum Besseren wenden können." Meine Damen und Herren, manche sagen: Unsere Demokratie ist in der Krise. Da ist schon etwas dran. Nehmen wir nur einen zentralen Baustein der Demokratie, den Kompromiss. Er wird von manchen gerne von vornherein als halb, als lauwarm, als faul bezeichnet. Können wir uns das wieder abgewöhnen? Denn was bedeutet Kompromiss? Er bedeutet, dass zwei Standpunkte, nennen wir sie A und B, von denen, die sie jeweils innehaben, verlassen werden. Und gemeinsam ein neuer, gemeinsamer Standpunkt C gefunden wird. Eine gemeinsame Lösung. Ein Kompromiss führt also zu einer Lösung. Das Beharren auf dem eigenen Standpunkt hingegen führt zu gar nichts. Es findet keine Entwicklung statt. Im schlimmsten Fall läuft dieses Beharren auf ein Entweder-oder hinaus, was letztlich nichts anderes bedeutet als eine Frontstellung, wo nichts weitergeht. Der Kompromiss, das Herzstück unserer Demokratie, ist also etwas Gutes! Und wenn uns der Begriff schon zu uninspiriert klingt, dann ersetzen wir ihn doch durch das Wort: gemeinsame Lösung. Das Herz der liberalen Demokratie ist also das Finden einer gemeinsamen Lösung. Und jetzt bitte ich Sie hier im Saal, sich einfach einmal Ihre Sitznachbarin, Ihren Sitznachbarn anzusehen. Keine Angst, ich werde Sie nicht bitten, sich jetzt an den Händen zu fassen. Nein, aber sehen Sie einander ruhig einmal an. Klar, Sie können nicht jeden und jede leiden. Aber doch repräsentiert jede und jeder von uns eine Gruppe von Menschen in unserem wunderschönen Land. Und, meine sehr geehrten Damen und Herren hier im Hohen Haus, wie können wir von den Menschen in Österreich verlangen, zusammen zu arbeiten zu einem größeren Wohl, wenn wir das hier nicht nachvollziehbar schaffen? Also, brechen wir unsere alte Gewohnheit und stellen wir uns vor, dass es geht. Wir können das. Wir können auch mit Menschen auskommen, die mit unserer persönlichen Weltsicht sehr wenig zu tun haben. Wir können das, wenn wir die so notwendige Kulturleistung des Respekts für den jeweils anderen aufbringen. Wenn es uns gelingt, über die Grenzen hinwegzusehen und die Fähigkeiten des anderen zu sehen. Das Gute im anderen zu sehen. Den ganzen Menschen zu sehen. Der verstorbene Innsbrucker Bischof Reinhold Stecher hat gesagt: "Das Gute spielt in dieser Welt seinen Part meist piano und pianissimo. Und es gehört zur Lebenskunst, es nicht zu überhören." Demokratie, meine Damen und Herren, das Finden einer gemeinsamen Lösung, fußt auf Information. Auf korrekter Information. Ohne eine intakte Medienlandschaft, die Themen umfassend aufbereitet und sich um "The Best Obtainable Version of the Truth" bemüht, wie es Carl Bernstein, einer der Aufdecker der Watergate-Affäre, formuliert hat, ist auch unsere Demokratie nicht intakt. Denn wir brauchen ein gemeinsames Verständnis über die Beschaffenheit der Probleme, der Fakten und damit der Wirklichkeit. Hätte man mir vor zwanzig Jahren gesagt, dass es einst neben den Fakten auch noch sogenannte "alternative Fakten" geben würde, die scheinbar gleichwertig danebenstehen - zur freien Auswahl sozusagen -, ich hätte es nicht für möglich gehalten. Es ist bestürzend, dass schlichte Tatsachen oder bestimmte wissenschaftliche Erkenntnisse auch von manchen politischen Playern bisweilen geleugnet und sogar abgestritten werden. Wenn wir hier nicht klar auftreten und die Dinge beim Namen nennen, steht eines Tages unser gesamtes Gesellschafts- und Wertesystem infrage. Medien spielen dabei eine wichtige Rolle und tragen eine große Verantwortung. Und noch eine Entwicklung bereitet mir in diesem Zusammenhang Sorge: Wie uns Information erreicht und wie diese Information für uns vorselektiert und vorausgewählt wird. Viele von uns speisen ihren Blick auf die Welt mittlerweile aus sogenannten sozialen Medien. Das Bild der Welt wird dort mit Hilfe von Algorithmen gezeichnet, die vornehmlich Informationen filtern und pushen, welche nicht unbedingt wahr sein müssen, aber dafür ein möglichst hohes Aufregungspotenzial in sich tragen. Und die größte Aufregung entsteht nicht durch den objektiven Blick auf die Fakten, sondern durch möglichst radikale Überzeichnung und Verkürzung. Meine Damen und Herren, gewöhnen wir uns bitte wieder ab, der puren Logik der Klicks zu folgen. Ich weiß schon, die Überschrift, die am meisten aufregt, generiert auch die meiste Aufmerksamkeit. Aber verdient sie diese wirklich? Ist sie wichtig genug? Die künstliche Aufgeregtheit lenkt uns nur ab von den Dingen, die wirklich wichtig sind. Die künstliche Aufgeregtheit verstellt uns den Blick auf die Zukunft. Und deshalb ist es eben von höchster Bedeutung, wie redlich eine Journalistin, ein Journalist recherchiert und berichtet. Dafür müssen aber auch die entsprechenden Rahmenbedingungen im Journalismus passen. Und deshalb sollten wir als Gemeinschaft, als Staat, Medien als wesentliche Säule unserer Demokratie sehen und für eine entsprechende Finanzierung sorgen. Denn liberale Demokratie gibt es nicht ohne korrekte Information. Meine Damen und Herren, in den letzten Jahren sind die Erwartungen an die Politik stark gestiegen. Das mag auch daran liegen, dass wir plötzlich mit archaischen Ängsten konfrontiert wurden: Seuche und Krieg - schreckliche Plagen, die die meisten von uns nur aus Geschichtsbüchern kannten. Plötzlich war eine große Hoffnung da. Die Hoffnung der Bürgerinnen und Bürger, dass die Politik das alles regeln wird. Dass das einfach wieder weg geht. Dass alles wieder gut wird. Das ist nur zu menschlich. Aber was kann Politik überhaupt leisten? Was muss sie leisten können? Politik muss Orientierung geben. Sie muss sagen, was sie weiß und was nicht. Sie muss evidenzbasiert agieren, also auf der Basis der letzten wissenschaftlichen Erkenntnisse. Politik muss im Dienste des gesamten Staates und nicht im Interesse einzelner handeln. Sie muss langfristig denken und nicht kurzfristigen Schlagzeilen hinterherrennen. Und sie muss helfen, dass wir mit unseren Ängsten umzugehen lernen. Indem wir aufeinander schauen. Indem wir die Ängste des anderen ernst nehmen. Politik muss auch Rahmenbedingungen schaffen, dass Bürgerinnen und Bürger selbstverantwortlich agieren und sich entfalten können. Wirtschaftlich wie persönlich. Und sie sollte das auch von denen einfordern, die dazu in der Lage sind. Politik muss Lösungen vorschlagen. Sie muss die Agenda setzen und nicht nur surfen. Regieren. Nicht nur reagieren. Politiker müssen führen, nicht verführen. Meine Damen und Herren, Politik muss den Menschen die Wahrheit sagen, auch wenn sie unbequem ist. Im Fall der Klimakatastrophe wäre es kurzfristig bequemer für alle, zu sagen, "Jaja, das Klima hat sich schon immer gewandelt, das ist völlig normal. Der Neusiedlersee hat einmal mehr, einmal weniger Wasser. Die Schipisten sind einmal weißer, einmal matschiger, aber wir sind eh ausgebucht. Das ist alles kein Grund, unser gewohntes Verhalten zu überdenken." Aber dieses bequeme Geschwätz ignoriert naturwissenschaftliche Tatsachen. Die Veränderungen des Klimas sind keine Fake News. Sondern jahrzehntelang wissenschaftlich untersuchte und belegte Fakten. Fakten, die zu ignorieren für die nachfolgenden Generationen lebensgefährlich ist. Antonio Guterres, der UN-Generalsekretär, betont bei jeder Gelegenheit, dass die Klimakrise "uns umbringt" und der "Klimanotstand ein Wettlauf gegen die Zeit" ist. Wir haben jahrzehntelang versäumt, Treibhausgasemissionen deutlich zu reduzieren. Auch das ist eine Tatsache. Ich verstehe nur zu gut, dass junge Menschen wütend und verzweifelt sind. Es geht um ihre Zukunft. Wir müssen etwas tun! Wir müssen so schnell wie möglich raus aus der fossilen Energie. Und wir können etwas tun. Ich will jedenfalls das Meinige dazu beitragen. Meine Damen und Herren, vor fast genau einem Jahr hat Präsident Putin einen schrecklichen Angriffskrieg gegen die Ukraine begonnen. Es ist herzzerreißend, wenn ich an all die unschuldigen Kinder, deren Mütter und Väter denke, Menschen, die einfach nur in Frieden leben wollen. Seit Monaten Bombenangriffe auf zivile Ziele und zivile Infrastruktur. Leid, Angst und Tod. Es ist schrecklich. Es ist verachtenswert. Aber genau deshalb müssen wir alle jetzt zusammenstehen und für das einstehen, woran wir glauben. Putin attackiert unsere Art zu leben. Er nennt uns verweichlicht, er spricht vom dekadenten Westen. Weil er es nicht erträgt, dass wir in individueller Freiheit leben, dass hier jede und jeder so leben kann, wie er oder sie es möchte. Unser freies, europäisches Lebensmodell, aufgebaut auf dem hart erstrittenen Fundament der Menschenrechte, verteidigen wir gerade und müssen wir in Zukunft weiter verteidigen. Wir brauchen weiterhin europäische Solidarität. Wehrhaftigkeit und Entschlossenheit. Zugleich wird sich Österreich selbstverständlich wo und wann immer das möglich sein wird, für den Frieden einsetzen. Die europäische Solidarität hat jedenfalls gerade in Zeiten der kriegerischen Bedrohung ihr Funktionieren unter Beweis gestellt. Wir können zweifellos viel als Europäische Union. Und zweifellos können wir noch viel mehr. Allerdings müssen wir uns auch auf dieser Ebene der Wahrheit stellen. Und die ist, dass wir unsere globale Positionierung, unsere geostrategische Rolle erst finden und verteidigen müssen. Denn auch hier stehen wir vor großen Umwälzungen, die wir mitbestimmen können, wenn wir uns rechtzeitig darum kümmern. Andernfalls werden andere über uns bestimmen. Meine Damen und Herren, Solidarität auf europäischer Ebene ist das eine. Aber wir brauchen natürlich auch innerhalb Österreichs Zusammenhalt. Zwischen denen, die es leichter haben, und denen, die mehr zu kämpfen haben. Wir dürfen niemanden zurücklassen. Insbesondere die Folgen des schrecklichen Angriffskrieges, die Teuerung, unter der viele Menschen leiden, müssen wir gemeinsam weiterhin bekämpfen. Und es ist wichtig, dass all unsere Handlungen unseren Wohlfahrtsstaat, unser Sozial-, unser Gesundheits-, und unser Pensionssystem befördern, verbessern und nachhaltig absichern. Und noch etwas werde ich nicht müde zu betonen: Alle, egal welchen Geschlechts, vor allem aber die Mädchen und jungen Frauen in Österreich, sollen in eine Welt wachsen, in der alle Menschen die gleichen Chancen haben. Und diese Gleichberechtigung ist leider alles andere als sichergestellt. Wir müssen das zur echten Priorität machen. Und endlich handeln und echte Verbesserungen erreichen. Von der Kinderbetreuung bis zu Karrierechancen. Wir können und dürfen auf die Talente der Hälfte unserer Bevölkerung nicht leichtfertig verzichten. Die vielfältige Diskriminierung von Mädchen und Frauen schadet unserer Gesellschaft und muss endlich aufhören. Meine Damen und Herren, vor etwa einer halben Stunde habe ich gelobt, meine Pflicht nach bestem Wissen und Gewissen zu erfüllen. Ich werde das wörtlich nehmen. Und ich habe mein Gewissen erforscht, und ich möchte hier skizzieren, was "nach bestem Wissen und Gewissen" für mich bedeutet. Die Mitgliedschaft in der Europäischen Union steht nicht zur Debatte. Der Nutzen und Wert der Europäischen Union steht außer Frage. Die Europäische Vereinigung ist die beste Idee, die wir je hatten. Wer mit der Idee eines Öxit auch nur spielt, spielt mit der Zukunft Österreichs. Die Grund- und Freiheitsrechte, die Menschenrechte, die Minderheitenrechte sind unantastbar. Dieser Grundkonsens unserer Republik steht außer Frage. Eine Verletzung dieser grundlegenden Rechtsprinzipien ist für mich eine Rechts- und Gewissensfrage, und ich werde mit der notwendigen Klarheit und Schärfe darauf reagieren. Das gilt genauso für den Respekt vor den Institutionen der liberalen Demokratie. Dieser Respekt vor der Demokratie, vor der Verfassung, vor unserem Parlament und seinen Vertreterinnen und Vertretern, vor dem Rechtsstaat, dem Verfassungsgerichtshof, und der Respekt vor der vierten Gewalt im Staat, vor den Medien, dieser muss vollinhaltlich gewahrt und aus tiefstem Demokratenherzen gemeint sein. Ohne Wenn und Aber. Meine Damen und Herren, die dunkelste Seite unserer Geschichte, der verheerende Nationalsozialismus mit seiner mörderischen Ideologie, darf sich niemals wiederholen. Nie wieder! Und deshalb müssen wir alle sehr genau hinsehen und alles tun, um antidemokratische, die Würde des Menschen verletzende, autoritäre Tendenzen rechtzeitig und entschlossen zu stoppen. Und last, not least: Unser oberstes Ziel muss es werden, dass unsere Jugend wieder an eine gute Zukunft glaubt. Dazu muss sie von klein auf Zugang zur besten Bildung haben, die wir als Gesellschaft nur bieten können. Alles, was unseren Kindern schadet, dürfen wir nicht zulassen. Das betrifft besonders die langfristigen Folgen der Klimakrise. Auch das sind für mich Gewissensfragen. Meine Damen und Herren, wenn Sie jetzt hinausgehen, dann bitte ich Sie, daran zu denken, dass das, was Sie tun, wie Sie miteinander umgehen, das Bild unserer Zukunft zeichnet. Bitte vergessen Sie das nicht. Ich werde Sie gerne daran erinnern. Nach bestem Wissen und Gewissen. Ich freue mich, für weitere sechs Jahre Ihr Bundespräsident sein zu dürfen. Und danke Ihnen für Ihr Vertrauen. Es lebe die Republik! Es lebe unser wunderschönes Österreich! Es lebe unsere friedliche, europäische Zukunft! Vielen Dank.
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Politik heißt, realistisch zu sein. Die Kunst ist, seine Ideale nicht zu verraten.
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Politik muss langfristig denken und nicht kurzfristigen Schlagzeilen hinterherrennen. Und sie muss helfen, dass wir mit unseren Ängsten umzugehen lernen. Indem wir aufeinander schauen. Indem wir die Ängste des anderen ernst nehmen. Politik muss auch Rahmenbedingungen schaffen, dass Bürgerinnen und Bürger selbstverantwortlich agieren und sich entfalten können. Wirtschaftlich wie persönlich. (In seiner Rede nach der Angelobung vor der Bundesversammlung am 26. 1. 2023).
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Politik muss Lösungen vorschlagen. Sie muss die Agenda setzen und nicht nur surfen. Regieren. Nicht nur reagieren. Politiker müssen führen, nicht verführen. Politik muss den Menschen die Wahrheit sagen, auch wenn sie unbequem ist. (In seiner Rede nach der Angelobung vor der Bundesversammlung am 26. 1. 2023).
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Popularität kann auch wie eine Sinuskurve verlaufen.
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Populismus ist nicht daran interessiert, Lösungen zu finden. Populismus will trennen, will ausgrenzen. "Die da oben" - "wir da unten". Populismus will Probleme finden und vergrößern. Und er will, dass sie bleiben. Weil diese Probleme den Populisten dabei helfen, Emotionen zu schüren und, so die Hoffnung, Wahlen zu gewinnen.